Das Gebiet des Cabanyal damals: In den Jahrhunderten vor Christi Geburt wurde der Küstenbereich zwischen dem großen Fluss "Turia" und dem kleineren Fluss "Barranc de Carraixet" schon als Anlegestellen für Schiffe genutzt, genauso wie die aus Quellen gespeisten Süßwasserkanäle, sog."Acequias". Alle diese ins Meer mündenden Flüsse und Kanäle dienten als Transportwege zwischen im Landesinneren gelegenen iberischen Siedlungen und der Küste. Die Schiffe landeten entweder direkt auf dem Sandstrand oder konnten an Holzstegen am Ufer der Flüsse und Kanäle festgezurrt werden. Es gab noch keinen Hafen.
Im Jahre 138 v. Chr. wird Valencia als Kolonie von Hispania durch die Römern gegründet. Da Valencia selber nicht am Meer lag, wurden für den Transport vom Meer weiterhin die Flüsse und Kanäle genutzt, Landungsstege gab es in Saler-Pinedo und in der Zone Grau-Cabanyal, wo langsam ein Hafenbereich entstand. Verschiedene Funde von Tonkrügen in Schiffswracks, gesunken in den Kriegen zwischen Karthager und Römer, zeugen von einem regen römischen Handel mit Italien. Insbesondere wurde Wein nach Valencia für das dortige römische Heer importiert. 50 bis 100 Jahre später expandierte der Handel auch nach Nordafrika.
Mit dem Niedergang des römischen Reiches und der Herrschaft der Araber (Mauren) ab 711 wurde Valencia immer größer, da die Stadt nahe an maritimen Handelsrouten lag. Der außerhalb von Valencia liegende Hafen bekam deshalb größere Bedeutung. Die Araber begannen ein Verteidigungssystem mit Mauern um den Hafenbereich "El Grau" zu bauen.
Das spanische Wort "acequia" kommt aus dem arabischen, as-sāqiya, was so viel bedeutet wie Wasserleitung. Die Araber waren Meister in der Technik der Bewässerung. So bauten sie die früheren natürlichen Süßwasserkanäle weiter aus und fügten viele weitere Kanäle hinzu, "Acequias" genannt. Durch diese Bewässerungstechnik der Araber wurden im Umkreis von Valencia die Ebenen, Felder und Grundflächen bewässert, noch heute die Grundlage für den Anbau von Gemüse und vor allem der Orangen. Auch durch das Cabanyal flossen verschiedene Acequias, unter anderem die Acequia de Rihuet, die Acequia de Gas, Acequia de los Angele und die Acequia de la Cadena.
Jakob der Eroberer, spanisch Jaime I, eroberte im Jahr 1238 Valencia. Die Herrschaft der Mauren und damit der Muslimen war damit beendet, mit Jakob unterlag Valencia wieder christlicher Herrschaft. Unterstützt wurde die christliche Eroberung vom Papst und von Kreuzrittern aus England und Frankreich.
Jaime I hatte großes Interesse, dass die Fischer und Matrosen sich am Meer im Hafenbereich El Grau ansiedelten. Doch niemand wollte nah am Meer wohnen. Dort zu leben galt als ungesund und gefährlich. Jaime I versuchte deshalb mittels materiellen Anreizen die Siedlung um den Hafen El Grau zu beleben.
Die Gründung der Siedlung "El Grau" ist datiert auf das Jahr 1249. Damit sich dort Fischer ansiedelten, mussten sie keine Grundsteuer auf die Häuser bezahlen. Außerdem legte Jaime I im Jahr 1250 unterschiedliche Abgaben für den Fischfang fest. Da der Fischfang im offenen Meer weitaus gefährlicher war als im Süßwassersee Albufera weiter südlich, mussten die Fischer der Zone Grau-Cabanyal weniger Abgaben (Tribute) bezahlen. Es wurde also schon im Jahre 1250 unterschieden zwischen den "Fischern des Meeres" und den "Fischern von Albufera".
Während das Hafengebiet El Grau von einer Befestigungsmauer umgeben war, welche die darin lebenden Fischer und Matrosen etwas schützte, hatte das nördliche daran angrenzende Gebiet des Cabanyal keinen Schutz durch Hafenmauern und Befestigungen. Das Gebiet war teilweise sumpfig und durch Überschwemmung gefährdet, die Boote und Schiffe landeten direkt auf dem Sandstrand oder an hölzernen Anlegestellen. Die meisten, die dort lebten, hatten keine feste Arbeit und auch keinen festen Wohnsitz. Viele verdienten sich nur als Tagelöhner ihr Brot.
Die ersten schriftlichen Hinweise zur Existenz des an den Hafen El Grau grenzenden Dorfes El Cabanyal stammen vom 4. Juni 1422. Es sollte von der Siedlung El Grau auf dem Weg zum Cabanyal eine Brücke gebaut werden: "En lo cami que va al Cabanyal".
Diese Brücke sollte den Kanal "la acequia del Rihuet" überqueren. Heute ist dieser Bewässerungskanal eine Straße, die "Calle de Francisco Cubell", die in der Nähe des Hafens zum Meer führt.
Bis zum 15. Jahrhundert bezeichnete man das gesamte Gebiet nördlich angrenzend an das Hafengebiet El Grau als El Cabanyal.
Erst später wurde die Zone ab der Acequia de Rihuet (heute Calle Franciso Cubell) und der Acequia de Gas (heute calle mediterráni) "Canyamelar" genannt. Das eigentliche "El Cabanyal" erstreckte sich dann von der Acequia de Gas (heute calle mediterráni) bis zur Acequia de los Angeles (heute calle Pintor Ferrandis). "Cap de França"war die dritte Zone, sie begann ab der Acequia de los Angeles (heute calle Pintor Ferrandis) bis zur Acequia de la Cadena (heute Avenida de Tarongers).
Der Fischfang wurde immer bedeutender, so dass sich allmählich viele Fischer außerhalb von El Grau ansiedelten. Die einfach gebauten Häuser oder Hütten waren die "cabanyas", wie auf dem alten Foto oben zu sehen ist. Daher kommt wohl der Name des Dorfes "El Cabanyal".
So wie El Grau durch den Hafen und den Seehandel definiert war, so El Cabanyal durch die Fischer. Jaime I sah im Fischfang eine große Bedeutung, die Fischer lieferten den Fisch für die Krone ab. Als "Privileg" durften sie sich einschreiben als Fischer des Cabanyal "Matriculado de la mátricula del Cabanyal". Nur diese durften fischen. Aus dieser Einschreibung "mátricula" entwickelten sich später die Genossenschaften der Fischer (cofradías). Allmählich entstanden auch kleine Schreinereien, Werkstätten und erste Werften für den Bau von Booten und Schiffen.
Diese Zone war damals sumpfig, Schilfrohr und Buschwerk wuchsen wild, wenig geeignet für den Bau von Häusern. Einige Bauern bauten Hanfplantagen an und verkauften den Hanf für die Produktion von Seilen für die Fischerboote. Hanf heißt auf spanisch cányamo, daher wohl der Name Canyamelar.
Der Bereich von Cap de França wurde überwiegend landwirtschaftlich genutzt. Damals auch genannt als "Partida de Rambla". Die Bauern (labradores) pflanzten unter anderem Weizen (trigo) und Hanf (cányamo) an und sie kultivierten Maulbeerbäume. Bis zum 18. Jahrhundert mussten sie das Land pachten und damit Pacht bezahlen, denn das gesamte Land befand sich im Besitz der Kirche. Von der Existenz dieser Bauern erzählt ein Dokument der Mönche del Convento del Remedio von 1680: Wegen Brandgefahr wurde der Familie Luis Font verboten, Stroh und Mist für ihre Tiere im Inneren des Hauses zu lagern.
Maulbeerbäume sind die Grundlage für die Seidenproduktion. Valencia wurde reich durch den Seidenhandel, siehe auch Lonja de Seda. Seide, die starke feine Naturfaser wird vom Seidenspinner - auch Maulbeerspinner genannt - gesponnen. Die Raupe ernährt sich ausschließlich von Blättern des Maulbeerbaums. Nach wochenlanger Fütterung spinnt die Raupe vor der Verpuppung ein Seidengewirr als Verankerung für den Kokon. Anschließend spinnt sie einen Seidenfaden von rund 3000 Metern um ihren Körper herum. Um den Kokon des Seidenspinners unbeschädigt zu ernten, tötet der Züchter die eingesponnene Larve nach zehn Tagen. Das geschieht mit Wasserdampf, Heißluft oder Mikrowellen. Für die Produktion von einem Kilogramm Rohseide werden rund 4000 Kokons benötigt.
Im Jahr 1792 war der Bau der großen Hafenmole fertig. Die Strömung schwemmte jeden Tag mehr Erde und Sand an den Strand des Cabanyal, die neue Mole verhinderte den natürlichen Abtransport zurück ins Meer. Stück für Stück zog sich das Meer zurück, der Strand wurde immer breiter. Unerwartet gewann das Dorf schnell an Land unter den Augen der erstaunten Fischer.
Vor dem Bau der Mole begann der Strand erst ab der heutigen Calle de Escalante, bis dahin ging das Meer, heute nicht mehr vorstellbar. Nach dem Bau der Mole, im Jahr 1803, deklarierte die spanische Krone das neue Land zu ihrem Eigentum. Die Fischer, Bauern und Handwerker mussten den Boden pachten. Man baute immer mehr Häuser und neue Straßen auf dem neuen Grund Richtung Meer.
Der große Einfluss der Kirche, gerade für die Fischer, zeigt sich auch am Bau von zwei Kirchen, der Iglesia de Nuestra Señora del Rosario (1738-1774) und der Iglesia de Nuestra Señora de los Ángeles (1814). Alle diese Kirchen sind speziell den Fischern und ihrer harten Arbeit auf dem Meer geweiht. Die heute noch jedes Jahr gefeierte Semana Santa de Marinera hat ihren Ursprung aus dieser Zeit.
Früher gab es für die Fischer keinen Hafen und damit auch keine Stellen zum Anlegen. Die Fischerboote wurden auf den Strand gezogen und von dort am nächsten Tag wieder ins Wasser gebracht. Für diese schwere Arbeit begannen die Fischer sich Ochsen zu halten, welche die Fischerboote in Wasser brachten und wieder heraus zogen. Zur Unterbringung der Ochsen (bous) schlossen sich anfangs mehrere Fischer zusammen, man brachte die Ochsen in einem gemeinsamen Stall namens "casa del bous" unter. Später war die casa del bous Eigentum der Genossenschaft der Fischer.
Die erste casa del bous lag in der calle San Telmo, heute an der Ecke calle Escalante 232 zur calle José Benlliure. Durch die Entstehung von neuem Land lag diese casa del bous immer tiefer im Inneren des Dorfes. Der Weg zu den Booten wurde zu weit. Aber erst ab dem Jahr 1874 baute man in Strandnähe die neue "casa del bous" an der Ecke carrer de pescadores zur carrer de Eugenia Vines. Sie ist bis heute erhalten und zu erkennen an der Sonnenuhr, im Jahr 1894 angebracht zur Einweihung.
Die Bezeichnung "pesca del bous" ist demgegenüber etwas völlig anderes. Die "pesca del bous" bedeutet eine Art des Fischfangs, bei zwei Schiffen ein breites Netz hinter sich her ziehen, mit dem die Fische gefangen werden. Die Schiffe sehen aus wie zwei Hörner, deshalb der Name pesca del bous. Diese Art des Fischfangs hatte die Krone schon damals allgemein verboten. Nur wenigen Fischern war diese Fangart erlaubt. Denn schon damals bestand die Gefahr der Überfischung des Meeres.
Dieses Flächenfeuer zertörte praktisch das ganze Cabanyal. Was war der Grund? Die Häuser waren direkt aneinander gebaut, die Mauern aus Lehm mit Holz waren dünn und spröde, die Dächer mit Stroh bedeckt. Die Möbel bestanden meist aus Kiefernholz, am offenen Feuer wurde gekocht. Viele hielten sich Hühner im Hinterhof, der auch mit Stroh ausgelegt war. So konnte ein kleiner Funken aus dem Küchenofen leicht einen Brand entfachen, der sich schnell von Haus zu Haus übertrug.
Am 21. Februar 1796 fingen innerhalb von 6,5 Stunden alle Häuser Feuer. Es blieb nichts als Asche und die Erinnerung an dieses Desaster. Ein Jahr später, am 29. März 1797, erließ die Regierung ein Dekret, die neuen Häuser mit Stein und Dachziegeln zu bauen. Dieses Dekret hatte kaum Erfolg, da nur wenige Fischerfamilien das Geld hatten, ihre neuen Häuser mit diesen teuren Materialien zu bauen. So gab es viele Ausnahmen, die alte Bauweise wurde bis 1875 überwiegend weiter geführt. Deshalb gab es im Jahr 1875 eine erneute große Feuersbrunst, die 250 Häuser zerstörte.
Um diese Feuersbrünste zukünftig zu vermeiden, beschloss der Gemeinderat die Umsetzung einer neuen noch heute erhaltenen städtebaulichen Struktur für das Cabanyal. Der "plan urbanístico" ab 1840 sah klare Linien vor, parallel verlaufende Einbahnstraßen für den Verkehr sowie neue Häuserblöcke mit festgelegten Breiten, Höhen und Tiefen. Außerdem war der Bau der Häuser mit feuerfesten Materialien zwingend. Der Plan wurde allerdings nur sehr langsam umgesetzt, so dass 1875 das Feuer nochmal ausbrechen konnte.
Im Jahr 1814 zählte das Cabanyal 1515 Einwohner, die meisten von ihnen waren Fischer.
Mit dem Namen des neuen Dorfes "El Poble Nou del Mar" (valencianisch) oder "El pueblo nuevo del Mar" (castillanisch) beginnt im Jahr 1837 die Zeit der Selbstverwaltung und der ersten demokratischen Wahlen auch im Cabanyal. Die Zeit der Unabhängigkeit und autonomen Selbstverwaltung dauert an bis 1897.
Überall und auch im Cabanyal kämpften die "progresistas" gegen den Carlismus, den Absolutismus. Zur damaligen geschichtlichen Situation siehe auch Verfassung von Cadiz. Nach wie vor mussten die Fischer in der Epoche zwischen 1808 und 1824 einen Tribut an die Kirche bezahlen. Ein Zehntel von allem, was sie fischten, mussten sie abgeben. Ebenfalls verlangte die Kirche Pacht für die Grundstücke, auf denen die Häuser der Fischer, Handwerker und Bauern standen.
Mit den Forderungen nach Gleichheit, Brüderlichkeit und Freiheit forderten auch die Bürger im Cabanyal eine Verfassung und Wahlen. Im Jahr 1837 wird der erste Bürgermeister der neuen Gemeinde "El pueblo nuevo del Mar" gewählt. Er heißt Francisco Cubell, er ist ursprünglich Kapitän des Nationalen Militärs. Eine Straße ist noch heute nach ihm benannt, die "calle de Francisco Cubells".
Im 18. Jahrhundert gab es verschiedene Ansätze Fischerzünfte (cofradías) zu bilden. Es ging um die Verteidigung der Küsten gegen Feinde, um Fischereirechte, um Hilfe für Fischer in Not und um gemeinsame Güter für den Fischfang, wie Ochsen und Pferde, Boote, Fuhrwerke und Fischereigeräte. 1864 gründete sich eine Kooperative namens "Marina".
Parallel dazu gründeten Fischer eine weitere Zunft, die "Protectora". Im Jahr 1866 beschlossen beide Zünfte, sich zu vereinen mit dem Namen "Marina Protectora". Alle diese Vorgänger mündeten in der Gründung der "Marina Auxiliante" am 23. November 1874. Diese Genossenschaft bestand bis Mitte des 19. Jahrhunderts.
Erste später, im Jahr 1902, gründeten ärmere Fischer eine weitere Kooperative, die El Progreso del Pescadores, mit dem Ziel, streiken zu können. Sie spaltete sich ab von der Marina Auxiliante, da dort hauptsächlich reichere Fischer und die Besitzer von Booten organisiert waren.
Der General D. Antonio González Madroño zeichnet 1840 einen neuen Städteplan für das moderne Cabanyal. Diese städtebauliche Gestaltung ist bis heute in den Grundstukturen erhalten. Ursache waren, wie im vorigen Kapitel schon beschrieben, die verheerenden Katastrophen durch Feuer und Epidemien. Die Verwendung von Stroh und Holz in den eng aneinander liegenden Häusern verursachten Feuerbrände. Die Feuchtigkeit durch den Sandboden des ehemaligen Meeres und die leichte Ansteckung durch die Enge waren Grund für Epidemien, eine besonders Schlimme brach im Jahr 1834 aus.
Der Plan sah eine klare Struktur für die neuen Straßen vor, gerade Straßen parallel zum Meer und direkt hin zum Meer, für den reibungslosen Transport zwischen Meer und Gemeinde. Genaue Maße für die Größe der neu zu bauenden Häuser wurden festgelegt. Viele Häuser sollten eine Breite von ca. 32 Palmos und eine Länge von 90 Palmos haben, die Ställe eine Breite von 84 Palmos. Die meisten Häuser wurden "casas de cuarto" genannt, sie gingen von Straße zu Straße und hatten oft eine Grundfläche von 145 m² bis 160 m².
"Lateinisch palmus (‚Handfläche') heißt ‚handbreit', bei den Römern war das ¼ pes (Fuß), also 7 ½ cm, ein recht kleines Maß. Je nach Land war der Palmo in der mittleren Neuzeit dann eher der Spanne (gut 20 cm) oder dem Fuß (um 30 cm) gleichzusetzen" (aus Wikipedia).
Die Fassaden waren weiß zu streichen mit gleicher Dekoration, die Höhe und Größe der Türen, Fenster und Wohnräume war ebenfalls festgelegt. Die Häuser sollten ein-, zwei- oder dreistöckig sein und mit solidem Material gebaut werden, also mit Stein und Ziegeln.
So entstand in den folgenden Jahrzehnten ein neues Viertel, gebaut Haus an Haus, mit geraden parallel laufenden Straßen, und einer Symbiose zwischen Wohnhäusern, kleinen Betrieben, Werkstätten, kleinen Fachgeschäften und den Fischern. Enge Beziehungen zu den Nachbarn wurden gepflegt und die Straße wurde als Erweiterung der Wohnung benutzt, insbesondere bei Festen.
Allerdings führte dieser Plan auch zu einer Teilung der Gemeinde in soziale Klassen. In Canyamelar, der Zone neben dem Hafen bis zur calle Mediterráni, baute man Häuser mit drei Stockwerken. Darin siedelten sich meiste wohlhabendere Leute an, Schiffsbesitzer oder Hafenbeamte wie auch Arbeiter der Hafen- und Lagerbetriebe. Im Cabanyal (calle Mediterráni bis calle Pintor Ferrandis) baute man eher zweistöckig, darin lebten Fischer und Handwerker mit etwas mehr Verdienst. Und zu guter Letzt, im Cap de Franca (calle Pintor Ferrandis bis Avenida de Tarongers) gab es viele einstöckige Häuser, die einfachen Fischern und Bauern zugewiesen wurden.
Im Jahr 1890 hatte El Pueblo Nuevo del Mar 11291 Einwohner.
Im Sommer des Jahres 1897 verliert El pueblo nuevo del Mar seine Unabhängigkeit und wird zu einem Stadtteil von Valencia mit dem Namen "El Cabanyal". Die reicheren Bürger von Valencia entdecken immer mehr das Meer und die Strände des Cabanyal zur Erholung. Es ist eine Zeit des Aufschwungs: Bau neuer Häuser entsprechend dem bisherigen Städtebauplan von 1840; Ausbau der Calle de la Reina mit einigen Sommerresidenzen von Bürgern Valencias; Bau des Schwimmbads am Meer El Balneario Las Arenas; Bau der Straßenbahn ins und im Cabanyal.
Eine Übersicht über weitere Kultur in Valencia kann man hier im Internet finden: Depaseo por Valencia und Valencia en blanca y negro.
Durch die Industrialisierung entwickelten sich auch im Cabanyal die Klassen der Arbeiter und Fischer, die keinen Besitz an Booten oder Fabriken hatten. Dies führte bei den Fischern, wie im vorigen Kapitel schon erwähnt, zu einer neuen Fischerkooperative, El Progreso de Pescadores.
In der Marina Auxiliante, gegründet 1987, dominierten mittlerweile hauptsächlich die "Patrones", die reicheren Fischer, die Bootsbesitzer oder Besitzer von Schreinereien. Im Jahr 1902 organisierten sich deshalb die Fischer, die keinen Besitz hatten, in der Kooperative El Progreso de Pescadores. Sie trennten sich damit von der Marina auxiliante, um streiken zu können. El Casinet war der Sitz, Versammlungsort und Unterbringung von Materialien dieser neuen Kooperative.
Gleichzeitig organisierten sich die Arbeiter, auch im Cabanyal, in der Gewerkschaft CNT (Confederación Nacional del Trabajo).
Unter der Diktatur des Franco-Regimes wurden alle diese Organisationen mit der Begründung, sie seien marxistisch, aufgelöst.
Gegen die immer noch bestehende Monarchie und für demokratische Freiheiten erlebt die republikanische Bewegung einen großen Aufschwung. 1931 proklamiert Alcalá Zamora am 14. April 1931 die zweite spanische Repulik. König Alfons XIII. erkannte im Wahlresultat ein Votum gegen die Monarchie und verließ – ohne formell auf seinen Thronanspruch zu verzichten – das Land.
Der Schriftsteller Blasco Ibañez (1867-1928) schließt sich der republikanischen Bewegung gegen die Monarchie und den Klerus an. Er publiziert die progressive Zeitschrift "El pueblo" und schreibt viele Bücher über das Leben der Fischer und Bauern im Cabanyal und in Albofera. Sein Haus in Malvarrosa ist zu einem Museum umgebaut.
Sorolla ist ein Künstler des Impressionismus, ein Künstler des Lichtes und der Farbe, er malt u.a. Bilder über die Arbeit der Fischer, über das Meer und ist berühmt für seine Farben. Er unterstützt auch die republikanische Bewegung und ist mit Blasco Ibañez befreundet. José Benlliure ist ebenfalls ein bekannter Maler aus dieser Zeit, der im Cabanyal Canyamelar geboren ist. Eine Straße ist nach ihm benannt.
Die im El Cabanyal seit Anfang des 20. Jahrhundert entwickelte Architektur ist der sogenannte populäre Jugendstil (spanisch: Modernismo). Diese Jugendstilart ist naiv, farbig, sich wiederholend, aber auch eigentümlich, handwerklich, frei von Normen, verzierend und direkt. Die Fliesen (Azulejos) haben helle Farben, gemischt mit blau, grün und weiß, die Farbgebung entspricht den Farben der Fischerboote. Charakteristisch sind die marineren Motive (z.B. Motive vom Fischfang) und auch Motive mit verschiedensten Blumen.
Die noch erhaltenen Häuser des Cabanyal im Jugendstil sind überwiegend denkmalgeschützt. Mehr dazu siehe auf Seite Kultur, Jugendstilhäuser.
Der spanische Bürgerkrieg wurde von Juli 1936 bis April 1939 zwischen der demokratisch gewählten Volksregierung der und den rechtsgerichteten Putschisten unter General Franco ausgerichtet. Nach dem Sieg der Franquisten im Jahr 1939 endete der Franquismus erst 1975 mit dem Tod Francos. Auch im Cabanyal gab es eine große Kämpfe der demokratischen Bewegung gegen Franco.
In der Zeit unter Franco hielt man sich auch nicht mehr an den seit 1840 geltenden Städtebauplan des Cabanyal. Die Auflage nur zwei- oder dreistöckige Häuser zu bauen, wurde aufgehoben, so dass heute im Cabanyal zwischen den niedrigen Häusern hohe Häuser mit vielen Stockwerken stehen, die das einheitliche Stadtbild zerstören.
Die Fischergenossenschaft "Marina Auxiliante" spielte im Fischerdorf Cabanyal eine sehr starke Rolle. Von und für diese Fischerzunft wird die Lonja de Pescadores 1904 erbaut. Sie war zuerst als Wohnhäuser in Verbindung mit Fischverkauf geplant. Dieser Nutzen war aber nur von kurzer Dauer. Im ersten Weltkrieg wurde die Lonja de Pescadores kurz nach ihrer Erstellung als Lazarett genutzt. Sie lag genau in der Abrisszone des Plans PEPRI. Jetzt kann sie erhalten bleiben. Derzeit dient die Lonja als Wohnraum.
Seit der Eingemeindung des Cabanyal in die Stadt Valencia gab es den Plan, Valencia durch eine breite neue Avenida direkt an das Meer und den Strand anzubinden. Die vom Zentrum Valencias Richtung Meer gebaute Avenida Blasco Ibañez endete aber vor dem Cabanyal. 1960 gab es erste genauere Vorschläge, diese Avenida bis ans Meer durch den Abriss von Häusern durch das Cabanyal zu führen.
Der Widerstand gegen diese Pläne war von Anfang an sehr groß. Aus zwei Gründen: Ein beträchtlicher Teil der Häuser stellen einmalige Beispiele des Jugendstils (Modernismo) des 19. Jahrhunderts dar. Außerdem wäre durch den Bau der Avenida bis ans Meer mitten durch das Cabanyal die Einheit des Stadtteils zerstört worden.
Auf Grund seiner besonderen städtebaulichen Struktur und seiner im volkstümlichen Jugendstil erbauten Wohnhäuser wurde das gesamte Gebiet im Jahr 1993 von der Kulturbehörde des Landes Valencia (“Consellería de Cultura de la Generalitat Valenciana”) zum Kulturdenkmal (“Bien de Interés Cultural”) erklärt.
Die von der Partido Popular gestellte Stadtregierung beschloss am 25. Mai 2001 trotz aller Proteste der Bewegung "Salvem el Cabanyal" den Bau der Avenida mit dem Bebauungsplan PEPRI. Wegen dem Denkmalschutz sollte die Avenida "nur noch" eine Breite von 48 Metern haben (P = Protección in PEPRI), entgegen der anfänglichen Absicht von 100 Metern Breite (Plan El PERI). Zusammen mit der geplanten 5-geschossigen Bebauung rechts und links der Avenida sollte die Trasse eine Breite von 148 Metern bekommen. 1600 Wohnungen sollten zerstört werden und ca. 1200 Familien umgesiedelt werden. Die gleichen Grundstücke sollten dann zu Marktpreisen zum Kauf an private Unternehmen zum Neubau teurer Immobilien angeboten werden.
Während die Stadtregierung in diesen Jahren immer wieder Einzelabrisse von Häusern vollziehen konnte, versuchte sich die Initiative "Salvem el Cabanyal" über Demonstrationen leider erfolglose Klagen bis hin zum obersten Gericht den weiteren Abriss abzuwehren. Viele Familien werden gegen Entschädigung zu Niedrigpreisen enteignet. Im Jahr 2010 griff sogar das von den Sozialisten dominierte Kulturministerium in Madrid ein, um die "Plünderung" dieses Kulturgutes zu verhindern.
Die Stadtratswahl von Valencia im Mai 2015 war geprägt von der Empörung vieler Valencianer gegen die ausufernde Korruption der rechts konservativen Regierung unter Vorsitz von Rita Barbara (Partido Popular). Die linken Parteien Coalició Compromis, PSOE und Podemos bekamen die Mehrheit im Stadtparlament. Sitzverteilung: Coalició Compromis 9 Sitze, PSOE 5 Sitze, Podemos 3 Sitze, PP 10 Sitze, Ciudadanos 6 Sitze.
Ein zentrales Wahlversprechen dieser Parteien war der Stopp von PEPRI. Die neu gewählte Regierung unter dem Bürgermeister Alcalde Joan Ribó (coalició Compromis) setzte ihr Wahlversprechen um:
Die Avenida Blasco Ibañez bis zum Meer wird nicht gebaut.
Standpunkt von "Salvem el Cabanyal": Der Plan PEPRI präsentierte ein überholtes Städtebaukonzept. Dagegen braucht es heute ein nachhaltiges Modell mit wenig Verkehr, mit der Möglichkeit, die Natur besser zu genießen und mit einem nachbarlichen Leben in den Straßen als Angelpunkt einer gemeinsamen Lebensweise. Das kulturelle Erbe des ehemaligen Fischerdorfes Cabanyal ist denkmalgeschützt und muss erhalten werden.
Erklärung zur Bilderreihe: 1. Bild: In Gelb: der Gründungs-Kern des Cabanyal. In Orange: die Erweiterung als Kulturdenkmal. In Rot: Plan PEPRI.
Weitere Bilder: Demonstrationen, Zone des Abrisses, zubetonierte Türen gegen Besetzung von Häusern, Verfall von Häusern mit Jugendstil.
Nach einigen großen Schwierigkeiten der neuen Stadtregierung von Valencia, genügend Geld (ca. 30 Millionen Euro) für die Restruktierung des Cabanyal zu bekommen, ging die Sanierung ab dem Jahr 2016 los. Die erste ganz wichtige Maßnahme gleich nach der Regierungsübernahme war die tägliche Säuberung der Straßen. Denn die Regierung der PP hatte ganz bewusst keine Säuberung mehr durchgeführt, um das Viertel zu verwahrlosen. Kakerlaken und Termiten machten sich immer breiter. Insbesondere die Termiten sind für die mit Holzbalken stabilisierten Häuser eine große Gefahr. Hier hat sich seither viel getan.
Hauptziel war die Erneuerung der alten Kanäle für das Trinkwassers und das Abwasser. Gleichzeitig wurden die Gehwege als große Fußgängerzonen vergrößert. Ca. 6 Millionen wurden bereitgestellt für die Renovierung der Straßen calle Barraca, la Reina, Dr. Luch, Tarongers, mediterráni und die Querstraßen Pescadores, Francisco Cubell, Amparo Guillem. Mittlerweile sind viele Straßen schon renoviert. Es fehlt noch die gesamte sogenannte Zone Null, also die ehemalige Abrisszone. Hier muss noch weiteres Geld zur Verfügung gestellt werden.
Die alte Stadtregierung hatte für den Plan PEPRI um die 600 Häuser enteignet und teilweise auch schon abgerissen. Jetzt geht es darum, diese Häuser wieder bewohnbar zu machen durch Verkauf an Menschen, die in diesem Viertel wohnen wollen. Ebenfalls werden freie Grundflächen zum Bebauen angeboten. Dieser Prozess geht nur schleppend voran. Die Regierung versucht mit Auflagen, wer die stadteigenen Häuser und Grundstücke kaufen kann, zu verhindern, dass Spekulanten für Immobilien hier ihr Unwesen zu treiben beginnen.
Es besteht von vielen Anwohnern die Angst, dass im Cabanyal ein neues Rusafa entsteht. Das heißt ein Viertel mit unzähligen Nachtbars und Restaurants, Wohnungsvermietung in großem Stil über airbnb und ein Überhand nehmen des Tourismus. Die Organisationen Salvem Cabanyal und die Vecinos de Cabanyal fordern hier klare Maßnahmen von der Regierung.
Die Regierung hat im Cabanyal ein staatliches Planungsbüro eingerichtet, mit dem Namen Plan Cabanyal-Canyamelar. Auf der Internetseite kann man sich über alle Vorhaben informieren.
Die Stadtregierung von Valencia hat einen weiteren Plan zum Bau von neuem Wohnraum im Cabanyal Anfang 2019 vorgestellt und beschlossen. Da öffentlicher sozialer Wohnraum fehlt, sollen 800 neue stadteigene Wohnungen mit niedrigen Mieten gebaut werden, ein Teil davon soll reserviert sein für Leute unter 30 Jahren bzw. über 65 Jahren. Das sind 60 Prozent des geplanten Wohnungen.
Die restlichen 40 Prozent, das sind ungefähr 466 weitere Wohnungen sollen frei vermietet werden.Der Bloque del Portuarios wird abgerissen, dafür entstehen drei neue Gebäude mit 4 Stockwerken. Die grüne Zone, der "jardín Doctor Lluch" bleibt bestehen, zusätzlich mit weiteren geplanten Grünflächen. 10 Prozent der abgerissenen Zone soll Fußgängerzone werden.
Die Avenida Blasco Ibanez wird vor dem Cabanyal in einem neuen Kreisverkehr enden, genau dort, wo auch die Bahnstation des Renfe ist. Damit ist die Verlängerung der Avenica Blasco Ibañez, das Projekt von Rita Barberá (PP) endgültig Geschichte.
Ebenso ist eine Begrenzung der Appartements für Touristen vorgesehen. Vom gesamten Wohnraum im Cabanyal darf nur 10 bis 40 Prozent an Touristen vermietet werden. Außerdem sind 5 Parkhäuser geplant und ein Hotel mit 15 Stockwerken beim Hafen.
Eine italienische Künstlergruppe kam im Herbst 2019 ins Cabanyal und hat an verschiedene Häuser neue Graffitis gemalt. Sie kamen aus Bologna, der italienischen Partnerstadt von Valencia. Das Ganze ist damit ein sehr gelungenes Beispiel einer lebendigen Partnerschaft zwischen Italien und Spanien. Ein Beispiel einer Neugestaltung eines Hauses im Cabanyal ist hier unten dargestellt, mit dem Anblick alt und neu.
Hier verschiedene Fotos von der Planung und der Verschönerung im Cabanyal:
Simulation: Kreisverkehr zum Ende der Avenida Blasco Ibañez, Parque Dr. Lluch, drei neue Gebäude statt der Bloques del Portuaris.
Simulation: Calle Eugenia Viñes Richtung Hafen mit dem Hotelturm und Grünflächen.
Eine italienische Künstlergruppe aus Bologna, der italienischen Partnerschaft von Valencia, hat neue Graffitis im Cabanyal gemalt, eine schöne Maßnahme zur Neugestaltung des Viertels. Hier ein Beispiel in der "zona zero" Ecke Carrer dels Pescadors zu Calle del progreso.